Ein kurzes Fachgesimpel über Rennsport, den BILSTER BERG und den Faktor Fitness – mit Vizeweltmeisterin Katharina Gutensohn
Sportprominenz zu Gast am BILSTER BERG! Die gebürtige Tirolerin Katharina Gutensohn fuhr als ehemalige Weltklasse-Skifahrerin jahrelang für den Deutschen Skiverband. Sie ging als Olympionikin bei den Winterspielen von Albertville, Lillehammer und Nagano an den Start, war außerdem Vizeweltmeisterin in der Abfahrt, Gewinnerin zahlreicher Rennen im Ski- und Skicross-Weltcup sowie Abfahrtsweltcup-Gesamtsiegerin. Eine mehr als beeindruckende Liste sportlicher Erfolge, die nur einen Schluss zulässt: Geschwindigkeit und Fitness sind genau ihr Ding! Am Rande eines Trackdays auf dem BILSTER BERG, haben wir mit Katharina Gutensohn über ihre ganz persönlichen Eindrücke und Erfahrungen aus der Welt des Rennsports geredet – und natürlich über den interessanten Vergleich zwischen Ski- und Automobil-Rennsport.
Während ihrer aktiven Laufbahn waren Sie eine der besten Abfahrtsläuferinnen der Welt. Sie haben die schnellsten Abfahrtspisten und eisigsten Steilhänge gemeistert – meist schneller als die Konkurrenz. Wie hat es sich für Sie angefühlt in einem Rennwagen über die Strecke des BILSTER BERG zu fahren?
In Zusammenhang mit hohen Geschwindigkeiten stellt sich immer auch ganz automatisch der dazugehörige Nervenkitzel ein. Eine gewisse Grundanspannung macht sich ebenfalls bemerkbar – das gehört einfach zum Rennsport dazu. Aber genau um diese Erfahrungen geht es letztlich sowohl bei den Sportlern als auch den Zuschauern. Wenn man Gefühle dieser Art als angenehm empfindet, ist der Begriff Adrenalinjunkie sicher nicht falsch gewählt. Ich selbst würde mich durchaus als solchen bezeichnen. Dieser Wesenszug ist bei mir zwar heute nicht mehr ganz so stark ausgeprägt, wie er es zu meinen aktiven Zeiten im alpinen Ski- und Skicross-Weltcup war – aber der Kick der Geschwindigkeit hat für mich seither nicht an Reiz verloren.
Stellt Ihr heutiger Ausflug ins Cockpit eine Premiere dar – oder hatten Sie, da Sie ja selbsterklärter Adrenalinjunkie sind, schon immer auch eine Spur von Benzin im Blut?
Tatsächlich kenne ich viele ehemalige Abfahrtsläufer, die auch schon an Autorennen teilgenommen haben. Mir persönlich bot sich in der Vergangenheit einmal die Möglichkeit, beim Beetle Cup mitzufahren. Damals wie heute hat es mir einen Riesenspaß gemacht, mich auf einer Strecke wie dieser mit anderen Fahrern zu messen und mich dabei peu à peu ans eigene Limit heranzutasten.
Wenn Sie einmal versuchen, Ski- und Autorennsport miteinander zu vergleichen: Worin besteht Ihrer Meinung nach die größte Ähnlichkeit zwischen beiden Sportarten?
Da gibt es einige Parallelen: Etwa die Kunst, in den Kurven so wenig Speed wie möglich zu verlieren – also die schnellste Linie zu finden und die dabei auftretenden Fliehkräfte zu kontrollieren. Das hat auch viel mit Intuition, Erfahrung und natürlich mit Fitness zu tun. Es geht darum, sich voll am Limit zu bewegen und trotzdem noch die Kontrolle zu behalten. Das ist in jedem Rennsport das gleiche Erfolgsrezept – egal auf welchem Untergrund. Und nicht zuletzt gibt es da natürlich dieses unglaublich befriedigende Gefühl, das entsteht, wenn man das gemeistert hat und womöglich auch noch Erster wird.
Der BILSTER BERG gilt unter Kennern als anspruchsvolle Strecke mit sehr abwechslungsreicher und herausfordernder Topographie. Lässt dieses Streckenprofil Vergleiche mit Abfahrtsstrecken im Skiweltcup zu?
Ich meine, dass gerade der BILSTER BERG eine wesentlich größere Ähnlichkeit zu Abfahrtsrennen aufweist, als dies beispielsweise beim viel flacheren Hockenheimring der Fall ist. Die zahlreichen Kuppen und Geländeübergänge, die bei hohen Geschwindigkeiten gefahren werden, ähneln dem, was beim Skirennen passiert. Auch als Abfahrtsläufer musst du dir die Streckenführung und die Beschaffenheit der Piste exakt einprägen. Du musst jede Kurve, jede Kuppe und jede Bodenwelle auswendig lernen – nur so kann man bis an sein absolutes Limit gehen und Weltcuprennen gewinnen.
Gibt es auch markante Unterschiede zwischen Ski- und Autorennsport?
Der wohl größte Unterschied ist, dass man in einem Rennwagen angeschnallt sitzen kann, während man dabei nicht ausschließlich auf die eigene Muskelkraft angewiesen ist. Beim Skifahren muss der Rennläufer dagegen physisch alles aufbieten, um allein mithilfe des eigenen Körpers Herr über die enormen Fliehkräfte zu werden – andernfalls macht man auch mal ganz schnell einen schmerzhaften Abflug. Bei Geschwindigkeiten von über 120 km/h endet das für Abfahrtsläufer dann leider oft fatal. Wir haben weder Überrollbügel noch Knautschzonen, vom Airbag heute mal abgesehen.
Rennsport erfordert im Allgemeinen ein hohes Maß an körperlicher und mentaler Fitness. Sind die physischen und psychischen Einflussfaktoren im Motorsport ähnlich prägnant wie im Skirennsport – und wird dabei die Fitness des Rennfahrers in ähnlicher Weise geschult?
Skifahrer müssen speziell im Bereich Rumpf- und Beinmuskulatur extrem kräftig und austrainiert sein. Das geht nur durch jahrelanges, hartes Training. Ich habe aber gerade heute wieder gemerkt, dass auch der Rennsport hier eine enorme Fitness verlangt. Allerdings mehr im Bereich des Oberkörpers, in der Nacken- und Armmuskulatur und im Rumpfbereich. Natürlich wird auch die Beinmuskulatur beansprucht, wenn auch bei Weitem nicht so stark wie im Skirennsport. Im Rennwagen übernimmt ja der Fahrersitz den Großteil der Stützarbeit. In Bezug auf Fahrgefühl, Technik und Mut würde ich mal behaupten: Da gibt es kaum einen Unterschied. Nur feinfühlige, koordinativ hervorragend ausgestattete Athleten können im Rennsport erfolgreich sein. Und eine gehörige Portion Mut ist sicherlich auch eine Grundvoraussetzung für beide Sportarten. Damit wären wir wieder beim Stichwort Adrenalinjunkie – wenn man das Tempo nicht liebt, dann wird das nichts!
Dann könnte man den BILSTER BERG ja auch augenzwinkernd als eine Art Freiluft-Fitnessstudio für Motorsportler aller Couleur bezeichnen?
Der BILSTER BERG ist ein wirklich interessanter und anspruchsvoller Rundkurs. Die Passagen verlangen uneingeschränkte Konzentration des Fahrers und sind psychisch wie physisch immens herausfordernd.
Sie klingen ganz so als hätte der Motorrennsport Ihr Interesse geweckt. Heißt das, wir werden Sie auch in Zukunft wieder mal auf dem BILSTER BERG begrüßen dürfen?
Die Vorstellung in einem Rennwagen zu sitzen und damit schnell zu fahren, übt auf mich schon immer einen besonderen Reiz aus. Dabei fasziniert mich der Speed und das Herantasten ans eigene Limit – einfach die Herausforderung, an Grenzen zu gehen. Wenn sich also zukünftig eine Gelegenheit bieten sollte, dann wäre ich selbstverständlich dabei.
(Redaktion/Fotos: ramp.space)